STILLWISSEN
Stillbeginn (im Normalfall)
Das Baby ist geboren und liegt nackt auf Mamas Bauch. Häufig ist das Baby nun besonders aufmerksam, es ist ruhig und erkundet seine Umgebung. Es sucht den Blickkontakt zur Mutter, befühlt mit seinem ganzen Körper die Haut der Mutter und wird sich auf den Weg zur Brust machen. Ganz von alleine. Alle Voraussetzungen zum Stillen sind vorhanden, beim Kind und bei der Mutter. Es benötigt nur etwas Übung von Beiden.
Nach einer Erholungsphase, direkt nach der Geburt, sind erste Bewegungen der Arme und Beine zu beobachten. Diese werden immer stärker, sodass sich das Kind alleine bis zur Brust vorarbeitet. Dabei macht es immer wieder kleine Pausen, um sich zu erholen. Es orientiert sich am Geruch und dem Farbunterschied des Brustwarzenvorhofes zur restlichen Haut. Dort angekommen wird es beginnen die Brust zu massieren und an der Brustwarze zu lecken und zu saugen. Nach durchschnittlich einer Stunde nach Geburt, hat das Baby die Brust erreicht und saugt selbstständig daran. Die Stillzeit hat begonnen. Anschließend schläft das Kind meistens für eine längere Zeit. Durch Medikamente während der Geburt braucht das Kind oft länger für diesen Ablauf.
Der ungestörte direkte Haut-zu-Haut-Kontakt zwischen Mutter und Kind, das sogenannten Bonding, setzt bei Mutter und Kind das Hormon Oxytocin frei. Dies stärkt den Bindungsaufbau, regt die Milchbildung an und hat noch viele weitere positive Eigenschaften. Außerdem wird das Kind warm gehalten, denn an die kühle Umgebung muss sich das Kind erst anpassen. Auch der erste Kontakt mit Bakterien findet auf der Haut der Mutter statt. So nimmt das Kind als erstes nicht die Fremdbakterien der Krankenhausumgebung auf, sondern die, die in seiner Familie üblich sind und gegen welche die Mutter in ihrer Muttermilch die Antikörper zur Verfügung stellt. So wird das Immunsystem des neuen Familienmitgliedes gestärkt.
Stillzeichen
Stillzeichen, manche nennen sie auch Hungerzeichen, sind die Zeichen, die dein Baby Dir gibt, sobald es Hunger bekommt. Sie beginnen sehr leise und sachte, sind aber eindeutig (die frühen Stillzeichen). Möchte dein Kind gerne stillen, ist es sinnvoll dies rasch zu tun. Es folgen sonst sehr schnell lautere Unmutsäußerungen und dann lautes Weinen (späte Stillzeichen). Ein aufgebrachtes Baby anzulegen ist sehr viel schwieriger als ein ruhiges Baby.
Die frühen Stillzeichen sind:
· Hin- und Herdrehen des Kopfes (suchen)
· schnelle Augenbewegungen (auch im Halbschlaf)
· Stirnrunzeln
· Körperbewegungen
· leise Geräusche
· Lecken an den Lippen, Zunge herausstrecken
· Saugbewegungen, Sauggeräusche
· Hand im oder am Mund
Folgst Du diesen Hinweisen deines Baby und legst es ab dem ersten Tag nach Bedarf an, wirst du die empfohlene Stillfrequenz für die erste Zeit von 8-12 Stillmahlzeiten in 24 Stunden wahrscheinlich gut erreichen. Einen festen Zeitplan brauchst du dir für das Stillen nicht zu machen.
Wie funktioniert Stillen?
Die Brust wird erst in der Stillzeit richtig erwachsen. Seit der Embryonalzeit wird die Brust einer Frau darauf vorbereitet. In der Schwangerschaft wird diese Entwicklung vervollständigt und abgeschlossen.
Die weibliche Brust ist so aufgebaut, dass sie das Neugeborene vollständig ernähren kann und mit allen notwendigen Nährstoffen versorgt.
In der Brustwarze enden die vielen Ausführungsgänge, die die Milch transportieren: die Milchgänge. Hinter dem Brustwarzenvorhof befindet sich das meiste Drüsengewebe, welches für die Milchbildung zuständig ist. Es besteht aus den sogenannten Milchbläschen, die aus einem Hohlraum umgeben von milchbildenden Zellen bestehen. Prolaktin ermöglicht es, dass diese Zellen Wasser und viele andere Bestandteile aus dem Blut ziehen und daraus die Muttermilch herstellen (Diese Tatsache erklärt auch ganz einfach warum die Ernährung der Mutter nahezu keinen Einfluss auf die Qualität der Milch hat. Somit also auch nicht verantwortlich ist für eventuelle Verdauungsprobleme beim Säugling oder gar einen wunden Po). Die Milchbläschen sind umgeben von einem feinen Netz aus Muskelzellen. Diese sorgen unter Einfluss von Oxytocin dafür, dass die gebildete Milch zum Baby transportiert wird.
Die Größe einer Brust, ob vor, während oder nach der Schwangerschaft, sagt übrigens nichts über die spätere Milchmenge aus. Entscheidend ist das Drüsengewebe. Eine große Brust hat einen größeren Anteil an Fettgewebe.
Wird das Kind nun an der Brust angelegt, stimuliert es durch das Saugen und den direkten Hautkontakt die Ausschüttung von Oxytocin im mütterlichen Gehirn. Dieses Hormon sorgt nun, wie oben schon erwähnt, dafür, dass sich die Milchbläschen zusammen ziehen und die Muttermilch durch die Milchgänge aus der Brustwarze zum Kind fließt. Der Milchspendereflex. Prolaktin sorgt sogleich für Nachschub. Die Brust ist nämlich kein Gefäß, welches von dem Kind leer getrunken wird und bis zur nächsten Stillmahlzeit wieder aufgefüllt wird. Die Brust ist eine Drüse, die produziert, wenn der Abnehmer da ist. Muttermilch wird also in dem Moment gebildet, wenn das Kind stillt. Die Brust hat nur eine ganz geringe Speicherkapazität.
Oxytocin ist das Hormon, welches schon unter der Geburt für die Wehen gesorgt hat. Nach der Geburt hat es aber nicht nur Einfluss auf die Milchbläschen. Beim Stillen werden dadurch die Nachwehen ausgelöst. Stillen hat also einen positiven Einfluss auf die Rückbildung des Uterus und senkt das Nachblutungsrisiko.
Damit das Kind möglichst leicht an die Milch kommt, ist es wichtig, dass es korrekt angelegt ist. Vor allem in der ersten Zeit ist es wichtig, dass das Kind der Mutter zugewandt liegt, den Kopf also nicht über die Schulter dreht, um an die Brust zu gelangen; Bauch-an-Bauch bzw. Bauch-an-Seite, Ohr, Schulter und Hüfte in einer Linie. Es sollte die Brust umarmen, der untere Arm sollte also unter der Brust sein und nicht zwischen Mutter und Kind. Der Mund muss weit geöffnet sein und es beim Saugen auch bleiben, die Lippen ausgestülpt (einige Kinder ziehen gerne die Unterlippe rein) und Kinn und Nase sollten die Brust berühren. Wenn das Kind ruhig an der Brust trinkt, bekommt es genug Luft, auch wenn die Eltern denken es sei anders. Nur so kann genug Brustgewebe in den Mund gezogen werden und die Brust gut entleert werden.
Die Brustwarze liegt nun weit hinten oben am Gaumen und löst dort den Saugreflex des Babys aus. Das Kind massiert durch Öffnen und Schließen des Kiefers und Wellenbewegungen der Zunge (die unter der Brustwarze und über der unteren Zahnleiste liegt) die Brust und sorgt für Unterdruck im Mund. So fließt die Milch in den Mund des Babys bis sich dort genug gesammelt hat und der Schluckreflex ausgelöst wird.
So korrekt angelegt ist Stillen nicht schmerzhaft und die Brustwarze wird nicht verformt.
Um für besonders viel Oxytocin zu sorgen, ist meine Empfehlung für alle Mütter: direkter Hautkontakt, so viel wie möglich! Im Frühwochenbett so wenig Babykleidung wie irgend geht. Viel nackt zusammen kuscheln. Und auch danach lautet meine Empfehlung: einmal am Tag nackt zusammen ins Bett!